Ohne digitale Zwillinge keine smarte Fabrik

02.03.2021 by Ümit Günes

Mann mit Tablet steht vor einem Industrieroboter der Automobilindustrie


Digitale Zwillinge von Maschinen und Produktionsanlagen sind wichtiger Bestandteil von Industrie 4.0. Die Digital Twins nutzen IoT-Daten, mit denen sich Produktion und Produkte optimieren lassen.

Armin Laschet war der Erste. Als der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Anfang Mai 2019 den ersten e.Go in Empfang nahm, lagen vier Jahre Entwicklungsarbeit hinter dem Aachener E-Auto-Hersteller. Nicht nur der Preis für den 3,35 Meter großen Elektroflitzer überzeugt. Als eines der ersten Unternehmen produziert die e.Go Mobile AG das E-Auto in einer smarten Fabrik. Und setzt dafür auf einen Digital Twin, mit dem sich der reale Betrieb einer Maschine oder eines Produkts Einzueins simulieren lässt. Mit dem digitalen Zwilling lassen sich dann Daten sammeln und auswerten, die zeigen, wie das Original sich in bestimmten Situationen verhalten würde. Die Effekte: Die Ingenieure bei e.Go Mobile konnten in der Entwicklungsphase agiler und besser entscheiden, wie die nächsten Entwicklungsschritte aussehen sollten. Zudem verringert der digitale Zwilling e.Go die Ausfallzeiten in der Produktion und erhöht die Qualität der Produkte. Denn auch nach dem Verkauf eines Fahrzeugs fließen Daten in den digitalen Zwilling zurück.


 

Zwei Drittel der Unternehmen planen mit Digital Twins

Das digitale Abbild der smarten Fabrik ist ein Beispiel dafür, wie immer mehr Digital Twins Einzug halten in den Unternehmen. Laut einer Umfrage von Gartner zum Einsatz von IoT nutzen Mitte 2018 zwar nur etwa 13 Prozent der knapp 600 befragten Unternehmen virtuelle Abbilder in der Produktion. Doch weitere 62 Prozent gaben an, Digital Twins innerhalb eines Jahres einführen zu wollen. Die Analysten gehen daher davon aus, dass bereits bis 2021 die Hälfte aller Industrieunternehmen den digitalen Zwilling nutzt.

Mit Echtzeitdaten Produkte verändern

Was versprechen sich die Unternehmen von den virtuellen Abbildern? Treiber des Interesses ist das Internet der Dinge (Internet of Things / IoT). In der Industrie 4.0 begleiten die Digitalen Zwillinge den kompletten Entwicklungs-, Produktions- und Betriebszyklus eines Produktes oder Systems. Die Nutzer statten ihre Produkte mit IoT-Sensoren aus und wollen auf Basis von aktuellen Machinendaten Ausfallzeiten und Reparaturaufwände verringern oder ihre Produkte individueller gestalten.

Mit künstlicher Intelligenz IoT-Daten auswerten

Das physische Objekt ist also dauerhaft mit seinem Zwilling vernetzt, damit sich beide identisch weiterentwickeln. Einmal erstellt, begleitet der digitale Zwilling ein Produkt damit durch sein ganzes Leben. IoT-Sensoren erfassen Betriebsdaten in Echtzeit und senden sie an eine Cloud. Hier laufen alle Informationen auf einer digitalen Plattform zusammen und Machine-Learning- und KI-Algorithmen werten die Daten aus. Dies bringt im Wesentlichen zwei Vorteile: Ein Produkt lässt sich während des Betriebs optimieren und Wartungen punktgenau terminieren. Und die Daten helfen dem Hersteller, die nächste Generation eines Produkt zu verbessern.

Exaktes Abbild der realen Fabrik

Wie heute schon bei e.Go Mobile werden Unternehmen zukünftig ganze Fabriken in einem Digital Twin abbilden. Dieser digitale Zwilling beschreibt dann in Datenmodellen Maschinen, andere Produktionsmittel, Gebäude, Versorgungseinrichtungen und ganze Prozesse. Die sich dann nach Bedarf virtuell neu aufsetzen lassen. In der Smart Factory dreht sich alles um Betrieb und Optimierung in Echtzeit. Dafür müssen die virtuellen Fabriken und Produktionssysteme ein exaktes Abbild der realen Fabrik sein: also nicht wie ein 3D-Modell nur ihre Geometrie und Kinematik abbilden.

Fünf beliebte Einsatzszenarien für den digitalen Zwilling

  1. 1. Produktentwicklung
  2. 2. Produkt-Redesign
  3. 3. Echtzeit-Qualitätsmanagement
  4. 4. Systemplanung
  5. 5. Logistikplanung


 

Digital Twin optimiert sich selbst

Alle physischen Objekte – Werkzeuge, Maschine, jedes Teil und zu produzierende Produkt, aber auch Fabrikgebäude, Roboter und autonome Transporteinheiten – werden in der Smart Factory durch digitale Abbilder repräsentiert. Auch das logische Verhalten und die Steuerung der Fertigungseinheiten sind Teil eines Digital Twin. Die einzelnen Bestandteile einer virtuell abgebildeten Fabrik kommunzieren genauso untereinander, wie sie es in der realen Umgebung der Smart Factory machen. Nur so ist der Digitale Zwilling in der Lage, sich selbstständig zu organisieren und zu optimieren.


 

„Egal ob Maschinenbauer, Schuh- oder Fahrradproduzent: Ein Digital Twin lohnt sich für alle Hersteller. Sie machen sich in der Phase der Produktentwicklung, also Forschung und Entwicklung, weniger vom Zufall abhängig.“

– Frank Lamack, Senior Consultant von T-Systems


 

Wie eines der weltweit größten Tetra-Pak-Lagerhäuser in Singapur, das es zweimal gibt: in echt und als digitaler Zwilling. Die DHL simuliert das Lager seit Juni 2019 durch die Kombination von IoT und Datenanalyse und überwacht alle Abläufe im smarten Warehouse in Echtzeit – rund um die Uhr. So verringert Tetra Pak mit dem DHL-Lager Engpässe, schont Ressourcen und verteilt die Arbeitslast besser.

Datenquellen für Digital Twins (Quelle: Gartner)

  1. 1. CAE-Software / 48 %
  2. 2. ERP / 47 %
  3. 3. MRO / 45 %
  4. 4. Sensoren (IoT) / 44 %
  5. 5. System Engineering / 44 %


 

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Ümit Günes
Ümit Günes

IoT Marketing Manager

Seit 2008 ist Ümit bei der Telekom tätig und verfügt über umfassendes Wissen in vielen Bereichen des Internet of Things. Sein besonderes Interesse gilt der Digitalisierung des Geschäftskunden. In diesem Blog teilt er aktuelle Entwicklungen und Trends aus der IoT-Welt, die für Kunden echten Mehrwert bieten.