Wie die digitale User Experience ins Auto kommt

29.03.2021 by Ümit Günes

Innenraum eines vollelektrischen Hypercar von Pininfarina


Die Bedürfnisse der Automobilkunden haben sich gewandelt: Nachhaltig und vernetzt soll die Mobilität von heute sein. Software im Auto wird dadurch immer wichtiger.

1.900 PS unter der Haube und 350 km/h Höchstgeschwindigkeit: Der elektrische Battista des Luxusauto-Herstellers Automobili Pininfarina ist das leistungsstärkste Auto, das jemals in Italien gebaut wurde. Mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in weniger als zwei Sekunden lässt es sogar einen Formel-1-Boliden stehen. Und mit 500 Kilometern bringt es das vollelektrische Hypercar (siehe Infokasten) zudem auf eine stattliche Reichweite.

Supercar vs. Hypercar

Schnell und teuer reicht nicht: Die sogenannten Supersportwagen oder Supercars sind zwar PS-stark, innovativ oder ungewöhnlich designt. Auf Hypercars aber treffen all diese Attribute in Extremform zu. Ein Hypercar muss neue Maßstäbe setzen in puncto Leistung, Technologie und Design, an denen sich alle folgenden Konstruktionen der Automobilingenieure messen lassen müssen. Meist sind Hypercars deshalb so komplex und teuer, dass sie nur in limitierter Auflage produziert werden.


 

Als Elektroauto ist das Hypercar Battista ein Pionier in aktuellen Trends. Hersteller müssen heute andere Anforderungen der Kunden erfüllen als früher. Immer mehr Menschen wollen zum Beispiel nachhaltig mobil sein, weg vom Verbrenner, hin zum E-Auto. Der Battista, von dem nur 150 Stück gebaut werden, trägt dazu bei, der E-Mobilität mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, ähnlich wie es die Rennserie Formel E oder der Hype um Tesla tun.

Surfen mit 305 km/h

Neben Nachhaltigkeit ist beim Kunden auch Vernetzung gefragt. Eine Umfrage der IT-Spezialisten von NTT und der Marktforscher von Teknowlogy zeigt: Fast jeder zweite Befragte (47 Prozent) würde für innovative Connected-Car-Dienste die Automarke wechseln. Nutzer wünschen sich zudem eine nahtlose User Experience wie bei ihrem Smartphone. Unverzichtbare Basis für diese vernetzten Dienste ist Konnektivität via Mobilfunk. Auch hier ist der Battista als Connected Car auf der Höhe der Zeit. In dem italienischen Sportwagen steckt nämlich eine fest eingebaute eSIM der Telekom, über der Bolide dank Roaming in mehr als 50 Ländern weltweit via Mobilfunk Zugang zum Internet hat. Für den Battista-Fahrer bringt die zuverlässige Konnektivität Infotainment-Angebote wie etwa Routenplanung in Echtzeit, inklusive Tipps für Ladesäulen in der Nähe.

Grüne Welle

Auf deutschen Straßen fährt der Battista nicht nur emissionsfrei, er surft auch im „grünen Netz“ der Telekom. Denn seit dem 1. Januar 2020 decken wir unseren gesamten Strombedarf in Deutschland zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien.

Ziel der Hersteller ist es, digitale Dienste wie Streaming und Gaming ins Fahrzeug zu bekommen, ohne dass die Insassen ihre Smartphone-Apps benötigen. Das Auto soll in Zukunft zum digitalen Begleiter werden. Anwendungen sollen sofort auf Abruf im Fahrzeug verfügbar sein, Content und Connectivity möglichst inklusive. Das Auto navigiert den Fahrer zum nächsten freien Parkplatz, empfiehlt Werkstatttermine und Restaurants in der Nähe und spielt die Lieblingsplaylist.

Streaming ohne Mehrkosten

Das gesteigerte Bedürfnis der Kunden nach vernetztem Fahren und vielfältiger Unterhaltung im Auto bedeutet für Hersteller, dass sie sich auch um die Verwaltung der privaten Datennutzung im Fahrzeug kümmern müssen. Eine zentrale Managementplattform bietet ihnen dafür einen Überblick über alle eSIMs in ihrer Fahrzeugflotte sowie die volle Kostenkontrolle. Je datenintensiver die Nutzung, etwa durch 4K-Videostreaming oder Gaming, desto schneller ist das Datenvolumen erschöpft. Ermöglicht der Mobilfunkprovider eine Differenzierung der Datennutzung (traffic split), lassen sich die Kosten aufteilen: Traffic von Streams wie etwa Netflix oder Spotify könnten Automobilhersteller dann den jeweiligen Drittanbietern in Rechnung stellen – als Gegenleistung für das Bereitstellen dieser Dienste im Fahrzeug. Für die Kunden ändert sich nichts: Sie melden das Entertainmentsystem ihres Autos einfach wie ein weiteres Gerät in ihrem Account an und profitieren so von einem durchgängigen Nutzererlebnis.

In-Car-Software wird immer wichtiger

Bleiben nicht nur die Infotainmentfunktionen, sondern auch Fahrzeugsysteme wie Bremsen oder Batterie per Over-the-Air-Update auf dem neuesten Stand, lassen sich Werkstattbesuche verringern. Automobili Pininfarina verwaltet die Verbindungen für die vernetzten Fahrzeuge in allen Ländern über ein zentrales IoT-Portal der Telekom. Der Hersteller kann über den Internetzugang des Battista umfangreiche Fahrzeug- und Telemetriedaten in Echtzeit abrufen und auswerten, Fehler aus der Ferne diagnostizieren und Updates auf das Auto aufspielen. Für all diese vernetzten Dienste bietet die Telekom als Partner der Automobilindustrie die nötige Konnektivität.

Schon vor zehn Jahren war Software überall im Fahrzeug zu finden: in der Motorsteuerung, diversen Sicherheitssystemen, Infotainment, Navigation, Lösungen zur Mobiltelefonie. Und sie wird immer wichtiger, etwa für Fahrer-Assistenzsysteme oder Komfortfunktionen. Laut Beratungsunternehmen Roland Berger beträgt der Anteil der Embedded Software an heutigen Entwicklungskosten eines Autos bereits 40 Prozent, Tendenz steigend. Bis 2030 soll der Markt für In-Car-Software um neun Prozent pro Jahr zulegen.

Precise Positioning – Positionsbestimmung per GPS und 5G

Empfängt das Fahrzeug seine Positionsdaten via GPS, ist die Genauigkeit auf etwa 3 bis 15 Meter beschränkt. Das reicht nicht aus, damit beispielsweise autonome Autos sicher navigieren können. Beim Precise Positioning empfängt das Fahrzeug deshalb über einen privaten 5G-Link GPS-Korrekturdaten und kann so seine Position mit einer Genauigkeit von zehn Zentimetern bestimmen. Das Verfahren ist auf schnell fahrende Autos ausgelegt. Der Service der Telekom und Swift Navigation ist skalierbar, auf eine unbegrenzte Zahl Fahrzeuge ausgelegt und in Deutschland und den USA bereits landesweit verfügbar. 2021 wird Precise Positioning in weiteren europäischen Ländern ausgerollt.

Der Trend weg von der Hardware hin zur Software ist für die Automobilindustrie mit einer komplexen Transformation verbunden. Automotive-Software verlangt – verglichen mit der Hardware – nach wesentlich kürzeren Entwicklungszyklen, muss hohen Safety- und Security-Ansprüchen genügen und auch nach Auslieferung kontinuierlich weiterentwickelt werden. Software-Updates müssen übers Internet ins Fahrzeug gelangen, ohne dass ein Werkstattbesuch nötig ist. Dazu gilt es, mehrere Dutzend Steuergeräte mit unterschiedlichen Chipsets und proprietärer Technologie zu managen.

Make or Buy?

Automobilhersteller müssen sich entscheiden, ob sie Software fürs Auto selbst entwickeln oder einkaufen. Bei der Konnektivität für ihre Fahrzeuge arbeiten sie mit Partnern wie der Telekom zusammen, die Netze betreiben und das nötige Know-how für sichere, zuverlässige und leistungsstarke Kommunikation garantieren. Zur Konkurrenz für Hersteller werden neue Spieler im Markt wie Google und Tesla. Das Infotainmentsystem des Volvo Polestar 2 etwa basiert auf Googles Betriebssystem Android. Auch die Renault-Nissan-Allianz oder General Motors wollen künftig in vielen Modellen auf Googles Android Automotive OS setzen. Andere Hersteller wie Daimler und VW setzen wie Tesla auf einen selbst entwickelten Software-Stack. Ziel aller Bemühungen: Die User Experience soll steigen, der Kunde und sein Fahrerlebnis stehen im Mittelpunkt.

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Ümit Günes
Ümit Günes

IoT Marketing Manager

Seit 2008 ist Ümit bei der Telekom tätig und verfügt über umfassendes Wissen in vielen Bereichen des Internet of Things. Sein besonderes Interesse gilt der Digitalisierung des Geschäftskunden. In diesem Blog teilt er aktuelle Entwicklungen und Trends aus der IoT-Welt, die für Kunden echten Mehrwert bieten.